Wer fragt, der führt: Mit Fragen können Sie das Gespräch aktiv steuern. Sie geben die Richtung vor. Geschicktes Fragen ermöglicht Ihnen Einfluss auf das Gespräch. In diesem Guide zum Thema Fragetechniken erfahren Sie alles rund um unterschiedliche Fragetypen, ihre Vor- und Nachteile sowie Anwendungsbeispiele. Lernen Sie, wie Sie die richtigen Fragen stellen, um Verständnis zu schaffen, Probleme zu lösen und Beziehungen aufzubauen.

Inhalt

Der Start: Seien Sie sich Ihrer Rolle als Fragensteller bewusst

Seien Sie sich Ihrer Rolle als Fragesteller bewusst. Schauen wir uns das folgende Beispiel an:

„Oh je, Sie kommen wieder spät. Ist die S-Bahn wieder ausgefallen?“

Diese Frage klingt aus dem Mund eines Kollegen mitfühlend, während die exakt selbe Formulierung aus dem Munde des Chefs nach einem Vorwurf klingt.
Seien Sie sich also Ihrer Rolle bewusst und wägen Sie Fragen und deren Formulierungen bewusst ab.

Doch welche Fragetechniken gibt es denn überhaupt? Wozu wenden Sie diese an? Und wie sehen Beispiele für jede dieser Fragetechniken aus? Darum geht es im nächsten Abschnitt.

11 Fragetechniken für Ihren Alltag als Führungspersönlichkeit

Lernen Sie 11 Fragetechniken für Führungskräfte, Unternehmer und Projektleiter kennen, ihre Vor- und Nachteile sowie praxisorientierte Anwendungsbeispiele für jede Fragetechnik oder jeden Fragetyp.

Starten Sie mit einem Klassiker:

Offene Fragen: Ein Klassiker

Ich starte mit einer klassischen Fragetechnik: Die offene Fragen.

„Welche Aspekte, die wir noch nicht besprochen haben, müssen wir noch klären, bevor Sie sich entscheiden können, ob Sie den Vertrag unterschreiben möchten?“

Sie signalisieren Ihrem Gegenüber: Ich will eine ausführliche Antwort hören. Offene Fragen eignen sich daher besonders dazu, wenn Sie sich vollständig über einen Sachverhalt informieren wollen.

Was und wie es erzählt wird, das legen Sie in die Hände des Befragten. Der Antwortende kann den inhaltlichen Schwerpunkt der Antwort eigenständig wählen.

Typische Einstiege in offene Fragen sind die W-Worte:

  • Wieso …
  • Wie …
  • Wann …
  • Weshalb …
  • Warum …
  • Welcher …

Häufig fällt es dem Antwortgeber leichter seiner eigenen Struktur zu folgen, oder die Dinge in den Zusammenhang zu stellen, als wenn Sie diese vorgeben.

Auf der anderen Seite: Offene Fragen regen weniger stark das Erinnerungsvermögen an. Außerdem sind Antworten auf offene Fragen weniger detailliert.

Skalenfragen: Offene Frgen abgekürzt

Offene Fragen laden Antwortende dazu ein, sich verbal auszubreiten. Manchmal geht es Ihnen aber um schnelle, knappe Antworten. Dann sind Skalenfragen eine gute Fragetechnik.

Wann sind Skalenfragen das Mittel der Wahl? Sie wollen

  • den Zustand vor Beginn einer Konfliktlösung
  • die Fortschritte einer Konfliktlösung
  • die Zufriedenheit nach der Konfliktlösung
  • das Zutrauen in die Nachhaltigkeit einer Konfliktlösung

messen.

Ein typisches Fragebeispiel:

„Auf einer Skala von 1, sehr gut, bis 5, sehr schlecht, wie zufrieden sind Sie mit der aktuellen Situation?“

Geschlossene Fragen: Gezielte Informationen abfragen

Im Gegensatz zu den offenen Fragen: Geschlossen Fragen zielen auf knappe, exakte Antworten ab. Als Antwort wollen Sie nur genau die Information hören, nach der Sie gefragt haben.

  • „Unterschreiben Sie den Vertrag?“
  • „Haben Sie Ihren Kunden auf die ausstehende Zertifizierung hingewiesen oder nicht?“

Mit geschlossenen Fragen haben Sie die volle Kontrolle über den Gesprächsverlauf. Außerdem bringen geschlossene Fragen eher die Wahrheit ans Licht. Denn während sich Ihr Gegenüber in offenen Fragen aus der Affäre reden kann, muss er Sie bei Ja/Nein-Fragen anlügen, wenn die Wahrheit unter Wasser bleiben soll.

Gleichzeitig ermöglichen geschlossene Fragen auch taktische Antworten, da Zielrrichtung erkennbar ist.

Was meine ich damit?

Mit geschlossenen Fragen legen Sie sich auf eine Seite fest oder einen bestimmten Aspekt fest.

Sie engen Ihren Blick ein, weil Sie nur Antworten auf eine spitz formulierte Frage hören wollen. Ihr Gegenüber wird Sie meist nicht auf relevante Aspekte rechts und links Ihrer Frage hinweisen.

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Suggestive Fragen: Tun Sie so, als ob Sie Bescheid wüssten

Suggestive Fragen nehmen einen Teil der Antwort bereits vorweg: Wann und bei welcher Gelegenheit haben Sie in der letzten Woche die Geschwindigkeit bewusst überschritten?

Sie stellen also gar nicht zur Option, dass Ihr Gegenüber sich immer an die Geschwindigkeitsbegrenzung hält. Stattdessen tun Sie so, als ob Sie Bescheid wüssten.

Clever.

So überwinden Sie Gesprächsbarrieren:

„Haben Sie die im Projektreview-Board festgestellte massive Budgetüberschreitung schon Ihrem Vorgesetzten mitgeteilt?“

Ihr Gegenüber braucht die peinliche, massive Budgetüberschreitung nicht selbst ansprechen; es gibt nichts mehr zu verbergen.

Aber Vorsicht.

Setzen Sie diese Fragetechnik mit Bedacht ein und nicht vor versammelter Mannschaft. Bei falschen oder ungenauen Informationen kann die suggestive Frage nämlich nach hinten los gehen.

Strategische Fragen: Regen Sie zum Nachdenken an

Mit strategischen Fragen zielen Sie darauf ab, dass Ihr Gegenüber seine Gedanken, Gefühle und Überzeugungen hinterfragt und überprüft.

Kurz: Sie wollen, dass Ihr Gegenüber Stellung bezieht:

  • „Welche Nachteile hat es für Sie, wenn Sie sich beim Kunden entschuldigen?“
  • „Wie könnten wir die Situation aus einer anderen Perspektive betrachten, um eine Lösung zu finden?“

Strategische Fragen regen den Adressaten zum Nachdenken an. Diese Fragen sind häufig offen und explorativ und werden verwendet, um neue Perspektiven zu eröffnen und tiefere Einsichten zu gewinnen.

Ein Nachteil ist jedoch, dass sie manchmal als bedrohlich oder beleidigend empfunden werden können, insbesondere wenn sie zu direkt oder unangemessen gestellt werden.

Wägen Sie also ab: Ist eine strategische Frage für meine Situation geeignet? Stelle ich die Frage so, dass sie respektvoll und angemessen ist, um eine produktive und positive Umgebung zu schaffen.

Sokratische Fragen: Steuern Sie die Gedanken Ihres Gegenübers

Mit dieser Fragetechnik wandeln Sie auf großen Spuren. Nämlich denen des griechischen Philosophen Sokrates: Sokrates war ein Meister darin, geschickte Fragen zu stellen, die den Adressaten zu neuen Einsichten führten.

Hier sind ein paar Beispiele:

  • „Können Sie mir erklären, warum Sie diese Entscheidung getroffen hast?“
  • „Was glauben Sie, sind die Vorteile dieser Methode?“
  • „Wie können wir sicherstellen, dass dieser Plan erfolgreich umgesetzt wird?“

Die Vorteile sokratischer Fragen liegen auf der Hand: Sie bringen eine Person dazu, ihre eigenen Überlegungen und Meinungen zu entwickeln. Sie ermöglichen ein tieferes Verständnis und Einsicht in ein bestimmtes Thema. Ein Nachteil kann jedoch sein, dass die Person, die diese Fragen stellt, aufgrund der offenen Art der Fragen möglicherweise keine direkte Antwort erhält.

Sie können eine Sequenz sokratischer Fragen auch dazu einsetzen, um Ihr Gegenüber ein bestimmtes Ziel erreichen zulassen.

Wenn Sie diese Fragetechnik anwenden wollen, treffen Sie gründliche Reisevorbereitungen. Denn Schließlich wollen Sie wissen, wohin es geht und welche Zwischenstopps Sie brauchen. Im Klartext: Sie müssen das große Bild kennen, Antworten vorausahnen können und Ihrem Gegenüber glaubhaft das Gefühl gegeben: „Ja, das ist mein Erkenntnisgewinn.“

Und was, wenn mein Gegenüber dieses Gefühl nicht hat?

Tja, wenn Ihr Gegenüber dieses Gefühl nicht hat, fühlt er oder sie sich vorgeführt. Das aufgebaute Vertrauen ist dann dahin.

Reflexive Fragen: Überzeugungen, Meinungen und Motivation im Mittelpunkt

Reflexive Fragen sind solche, die darauf abzielen, dass der Gesprächspartner ins Nachdenken kommt und ein besseres Verständnis für seine eigenen Überzeugungen, Meinungen und Motivationen entwickelt.

  • „Wie empfinden Sie die Stimmung im Team?“
  • „Wie beurteilen Sie die Unternehmensentwicklung der letzten 5 Jahre?“
  • „Worüber denken Sie, dass Sie sich mehr Klarheit verschaffen müssten, um Ihre Ziele zu erreichen?“

Als Führungskraft können Sie reflexive Fragen beispielsweise auch dazu einsetzen, wenn Sie Ihren Mitarbeiter dazu bewegen wollen das Verständnis für seine eigenen Wünsche und Ziele zu verbessern.

Zirkuläre Fragen: Raus aus der eigenen Perspektive

Mit zirkulären Fragen zwingen Sie Ihr Gegenüber dazu seine Perspektive zu verlassen und sich in eine andere Person hineinzuversetzen.

Beispiele für zirkuläre Fragen:

  • Woran würde ich merken, dass Sie sich Ihre Zeit besser eingeteilt haben, um mehr zu schaffen?
  • Was denken Sie, wie wird Ihren Kollegen dieser Vorschlag gefallen?

Profi-Tipp für die Anwendung dieser Fragetechnik: Formulieren Sie zirkuläre Fragen positiv und nutzen Sie diese nicht dazu negatives Verhalten anzusprechen (Z. B. Statt: „Was denken Sie, wie finden Ihre Kollegen, dass Sie nie pünktlich zur Arbeit erscheinen?“ fragen Sie also: „Wie würden Ihre Kollegen reagieren, wenn Sie Ihre Terminzusagen einhalten?“)

Nutzen Sie zirkuläre Fragen auch dazu Sackgassen in Konflikten oder Verhandlungen zu überwinden.

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Ressourcenorientierte Fragen: Lösungen finden

Mit ressourcenorientierten Fragen erkennen Sie an, was ist und lenken den Fokus darauf, wie der Konflikt gelöst werden kann.

Ein Beispiel: Statt einen Mitarbeitenden, der in der Vergangenheit verlässliche Ergebnisse abgeliefert hat, wegen des fehlerhaften Vorstandreportings (Sie erinnern sich?) nun mit Vorwürfen zu übersäen, können Sie sich mit ressourcenorientierten Fragen der Lösung nähern:

„Ich habe in den letzten Monaten gesehen, wie häufig Sie auch bei hohem Termindruck fehlerfreie Arbeitsergebnisse abgeliefert haben. Wie ist Ihnen das gelungen?“

Mit dieser Fragetechnik an der Hand wird Ihr Mitarbeitender sich nun auf die Suche machen, was zu dem vergangenen Erfolg beigetragen hat.

Reframende Fragen: Das Positive im Negativen

Mit dieser Fragetechnik wechseln Sie den Rahmen: Auch auf den ersten Blick negative Ereignisse oder Eigenschaften, können in einem anderen Licht erscheinen, wenn der Rahmen gewechselt wird.

Dass Sie zum Beispiel einem Mitarbeitenden die Übernahme einer Projektaufgabe nicht ermöglichen können, kann auch eine Gelegenheit für Ihren Mitarbeitenden sein. Nämlich sich zu fragen, wo möchte er sich künftig hin entwickeln.

Mit diesen reframenden Fragen aktivieren Sie Ihr Gegenüber, sich neuen Perspektiven zu öffnen.

Und nun das große finale der Fragetechniken. Schon mal vom Fragenstapel gehört?

Kumulierte Fragen: Der Fragenstapel

Eine weitere Fragetechnik sind kummulierte Fragen. Sie sind auch als „Fragenstapel“ bekannt, beziehen sich auf eine Reihe von Fragen, die aufeinander aufbauen.

Als Führungskraft können Sie diese Fragetecxhnik in einer Mitarbeiterbewertung oder einer Feedback-Session anwenden, um ein besseres Verständnis für die Gedanken und Überzeugungen Ihres Gesprächspartners zu erlangen.

Zum Beispiel können Sie einer Mitarbeiterin mit den folgenden Fragen auf den Grund gehen: „Kannst du beschreiben, wie du dich im Team wohl fühlst? Wie würdest du die Zusammenarbeit im Team beschreiben? Welche Herausforderungen hast du in letzter Zeit im Team erlebt?“

Durch diese aufeinander aufbauenden Fragen können Sie ein tieferes Verständnis für die Gedanken und Überzeugungen Ihres Mitarbeiters gewinnen.

Wenn Sie hingegen diese Reihe von Einzelfragen so stellen, dass Sie dem Befragten keine Möglichkeit lassen eine Antwort zu geben, drängen Sie ihn in die Ecke.

Einer der Vorteile von kummulierten Fragen ist, dass sie dem Gesprächspartner ermöglichen, sich ausführlicher auszudrücken und tiefer in seine Gedanken und Überzeugungen einzutauchen. Allerdings kann es durch diese Fragetechnik auch passieren, dass der Gesprächspartner durch die Vielzahl an Fragen überwältigt wird und sich unter Druck gesetzt fühlt. Als Führungskraft sollten Sie daher sicherstellen, dass Sie kummulierte Fragen in einer förderlichen und unterstützenden Umgebung anwenden.

Wer schreibt hier?

Henning Landers, Wirtschaftsmediator. Mediationen und Konfliktberatung.

Hallo, ich bin Henning Landers, Wirtschaftsmediator (IHK), Freizeit-Segler und leidenschaftlich, wenn es um Konflikte geht.

In meinem Blog dreht sich alles um Wirtschaftsmediation, Konfliktmanagement und Kommunikation. Hier lernen Sie erprobtes Wissen zur praktischen Anwendung im Business kennen.

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